IN MEMORIAM: LIVIO DANTE PORTA (1922 – 2003)

Am 10.Juni 2003 starb in seiner Heimatstadt Buenos Aires (Argentinien) einer der bedeutendsten Theoretiker und Praktiker der modernen Dampflokomotiventwicklung, Ingenieur Livio Dante Porta. Sein Interesse für die Dampftraktion entwickelte sich bereits in frühen Jugendjahren. 1946 graduierte er in Argentinien als Ingenieur. Als einziger der Schüler und Freund des renommierten französischen Dampflokomotivkonstrukteurs André CHAPELON hatte D.Porta später vielfältige Möglichkeiten, konstruktive Verbesserungen und Neuentwicklungen in die Praxis umzusetzen und somit aufzuzeigen, dass die Entwicklung einer modernen „Dampflokomotive des 21. Jahrhunderts“ möglich ist, somit die Dampftraktion nicht von vornherein in der Konkurrenz zu anderen Traktionsarten im Eisenbahnwesen veraltet und archaisch ist.

Einer seiner grössten Erfolge war die Modernisierung von nach dem 2. Weltkrieg nach Argentinien gelieferten MITSUBISHI-Dampflokomotiven auf der RIO TURBIO-Linie (siehe Foto oben aus dem Archiv Hugh Odom; L.D.Porta - Mitte, stehend). Diese führt auf 750 mm Spurweite etwa 500 km von Rio Galegos entlang der Küste bis zu den Kohlebergwerken von Rio Turbio. Ing. D.Porta baute die Lokomotiven auf die energetisch effektivere Kohlevergasung um und baute u.a. den von ihm entwickelten LEMPOR-Saugzug ein. Dieser stellte eine Weiterentwicklung des durch Chapelon und den finnischen Lokführer KYLÄLÄ entwickelten KYLCHAP-Saugzugs dar. Lempor ist die Abkürzung der Nachnamen des belgischen Ingenieurs LEMETRE und PORTAs.

(Quelle:www.martynbane.co.uk)

Seine Innovationen bewies L.D.Porta auch in USHUAIA auf Patagonien (Feuerland). Auf der dortigen Ex-Sträflingsbahn wurden für Tourismuszwecke unter seiner Anleitung argentinische Neubauloks auf 500 mm Spurweite vor Ort umgebaut. Eine der Lokomotiven erhielt den Namen des argentinischen Konstrukteurs.(Foto:Archiv Hugh Odom)

MEHR ZUR USHUAIA-EISENBAHN UND DER ARBEIT L.D.PORTAS

Zu Beginn der 60er Jahre war L.D.Porta in Entwicklungsarbeiten zur Reduzierung der Schadstoffemission bei industriellen Dampflokomotiven in England involviert. Das Ergebnis waren modernisierte Dampflokomotiven, genannt „Fred“, auf der Basis der „Austerity“- 0-3-0-Baureihe.

(Quelle:www.martynbane.co.uk)

Mitte der 90er Jahre arbeitete L.D.Porta auch in Australien, wo er für die „Puffing Billy Railway“ die Dampflokomotive 6A modernisierte.

1985 führte L.D.Porta die Schadstoff-Emissionsbegrenzung auch nach Polen. Hier beriet er einen Staatsbetrieb in Katowice bei der Modernisierung von Zentralheizungsanlagen. Im selben Jahr nahmen unsere Kollegen im polnischen AW PILA ihre Modernisierungsarbeiten an zwei Dampfloks der deutschen BR 52 mit Kohlevergasung auf. Unter der Leitung des Warschauer Ingenieurs Prof. RE,KAWEK, der die Arbeiten L.D.Portas mit Interesse verfolgt hatte, wurde auch in Polen nachgewiesen, dass eine nach den Prinzipien des argentinischen Ingenieurs arbeitende Dampflokomotive einen deutlich höheren Wirkungsgrad hat und keine messbaren Schadstoffemissionen aufweist. Der an den Arbeiten beteiligte INTERLOK-Direktor Ing. Marek FURTACZ nahm damals einen privaten Schwarz-Weiss-Film bei einer Probefahrt auf, der durch INTERLOK demnächst veröffentlicht werden soll.

Unser INTERLOK-Anteilseigner Ing. Jean-Pierre Hofer traf Ing. L.D.Porta in den 90er Jahren persönlich bei einer weiteren seiner Europa-Besuche. Porta beeindruckte im persönlichen Gespräch durch seine gelassene, heitere Art: Bei aller wissenschaftlichen Exaktheit und visionären Zukunftsbezogenheit war L.D.Porta temperamentvoll, im kleinen Kreis aufgelegt zum Erzählen lustiger Geschichten aus seinem reichen Leben. Seither standen Porta und Hofer in ständigem Kontakt. Ihr Briefwechsel füllt einen grossen Ordner. L.D.Porta schrieb zumeist auf einer traditionellen Schreibmaschine, manchmal auch per Hand: Die moderne Technologiegläubigkeit gegenüber dem Computer, zumal in Form der „Microsoft“-Technologie, war ihm fremd. Dieser Traditionalismus stellt ein Problem dar, um die technischen Forschungen und Entwicklungen L.D.Portas für die Nachwelt zu erhalten. Ein Grossteil der Arbeiten wurden bislang nicht veröffentlicht. Publikationen wurden vor allem anlässlich seiner Auftritte auf internationalen Eisenbahnkongressen veranlasst. Mitglieder der steam_tech-Diskussionsgruppe wie Hugh ODOM und INTERLOK-Anteilseigner Philippe QUIOT bemühen sich um die Transkribierung der etwa 300 Manuskripte (etwa die Hälfte auf englisch geschrieben, etwa 2/5 auf spanisch und der Rest auf französisch) und Herausgabe auf CD-ROM. Einer der Söhne L.D.Portas, Alejandro, hat seine Unterstützung zugesagt.

In den letzten Jahren konzentrierte sich L.D.Portas Arbeit u.a. auf die Entwicklung eines Wasserbehandlungssystems, das bei den durch ihn betreuten Bahnen mit Erfolg eingesetzt wird. In Zusammenarbeit mit einem cubanischen Forschungsinstitut entwickelte er eine komplette Neukonstruktion einer modernen Rangier-C-1-Dampflok LVM800, die mit Bagasse-Vergasung betrieben werden soll – einem bei der Zuckerrohrproduktion reichlich auftretenden Abfallprodukt.

(ArchivMartynbane)

Zu den Konstruktionsarbeiten waren ständig zwei Mitarbeiter des cubanischen Instituts bei L.D.Porta in Buenos Aires vor Ort. Leider ist nach dem Tod des Direktors des Forschungsinstituts, Manuel ALEPUZ, 2002 die Realisierung dieses vielversprechenden Projekt unsicher. Ein weiteres Interesse L.D.Portas galt bis zuletzt auch den Plänen des britischen Ingenieurs und Konstrukteurs David WARDALE, im Rahmen des 5AT-Projekts eine völlig neuartige moderne Dampflokomotive für den Hauptliniendienst zu entwickeln.

Es erscheint eine traurige Tatsache, dass L.D.Porta in gewisser Weise "zu früh" an der Dampflokomotive des XXI. Jahrhunderts gearbeitet hat. Denn erst jetzt - etwa zeitgleich mit seinem Ableben - können seine umfangreichen Arbeiten zur vollen Anwendung kommen dank des endlich aufsteigenden weltweiten allgemeinen Interesses für die energetischen Ressourcen der BIOMASSE. Porta hatte sich in seinen letzten Lebensjahren stark für den Einsatz erneuerbarer Brennstoffe (Holz und Bagasse) in Dampfloks interessiert und hier den Weg für die Zukunft geebnet. Leider kann er den Durchbruch nicht mehr erleben.

Zu den offenen Projekten PORTAs gehört die Modernisierung einer BR 50- doer BR 52-Dampflok mit HOLZVERGASUNG für das Jura. Über dieses Projekt diskutierten wir in der letzten Zeit intensiv mit ihm. Auf der Grundlage der Forschungsarbeiten L.D.Portas wird sich INTERLOK bemühen, seinen Teil zur Realisierung und Fortentwicklung dieses einzigartigen Forschungswerks beizutragen.

INTERLOK Vorstand und Aufsichtsrat

L.D.PORTAs ARBEIT ZUR MODERNISIERUNG DES KESSELZUGS MODELL LEMPOR BEI DAMPFLOKOMOTIVEN

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