SCHMALSPUR-ROLLWAGEN ZUM TRANSPORT VON NORMALSPURWAGEN

(SrodaWlkp.)

Eisenbahn-Schmalspurstrecken waren seit ihrer Entstehung als Bahnen von lokaler Bedeutung gedacht. Ihr Bau kostete nur etwa 1/3 der Kilometerkosten eines normalspurigen Streckenbaus. Allerdings wurden mit dem Ansteigen der Mengen zu befördernder Güter die Grenzen dieses Verkehrssystems sichtbar. Umladen per Hand von Gütern zwischen Normalspur- und Schmalspurwagen war kostspielig und zeitraubend. Experimentiert wurde in Deutschland mit Güterwagenkästen, die durch Kran zwischen Normalspur- und Schmalspurflachwagen umsetzbar wären - der Vorläufer des heutigen Containerverkehrs. Doch ein solches System setzte sich damals nicht durch. So schuf der Direktor des Zweigwerks Sarouno der Maschinenfabrik Esslingen, Paul Langbein (1842 - 1908), einen zweiachsigen "Rollschemel", der auch als "Langbeinscher Rollbock" bekannt wurde und sich bis in die Schweiz auf Schmalspurstrecken verbreitete. Der schmalspurige Tragschemel konnte die Achse eines Regelspurwagens aufhucken und durch verschraubbare Klauen festhalten. Je nach Konstruktion hatten die Rollböcke eine Tragkraft von 12,5 bis 15 Tonnen, so dass sie einen 2-achsigen normalspurigen Güterwagen mit einer Masse zwischen 25 und 30 Tonnen tragen konnten. Auch in den Kurven verhielten sich die Rollbock-Wagen geschmeidig. Diese Rollböcke wurden bald in mehreren deutschen Fabriken hergestellt:

Vorreiter in Sachen Rolltransport waren die Schmalspurbahnen in Sachsen mit 750 mm Spurbreite. Bei Schmalspurbahnen von 600 mm verbot sich der Einsatz dieser Transportböcke, da die Stabilität des Zuges nicht gegeben gewesen wäre. Ab 1901 wurden in Sachsen auch 2- und 3-achsige Rollwagen eingeführt, welche in Görlitz konstruiert und gebaut wurden. Das waren mit zwei- und dreiachsigen Drehgestellen versehene Fahrbühnen von bis zu 8 m Länge mit einem aufmontierten normalspurigen Schienenpaar. Ab 1931 rüstete die Reichsbahn die Mehrzahl ihrer Rollwagen mit Saugluftbremse des Systems Körting aus. Zwischen 1960 und 1962 schaffte die Reichsbahn vollständig geschweisste, 9 Meter lange Rollwagen mit erhöhter Tragfähigkeit an. Zwischen 1973 und 1975 wurden die 6-achsigen Transportwagen auf 4-Achser zurückgebaut, um den Verschleiss an Gleissubstanz vor allem in den Kurven zu verringern. In den 80er Jahren verschrottete die Reichsbahn aufgrund des zurückgegangenen Transportaufkommens viele ihrer Rollwagen. Diese historischen Aufnahmen von Rainer Scheffler zeigen Rollwagen in Zittau und Oschatz.

Im heutigen Polen führten als erste die Schmalspurbahnen von Sroda Wlkp. (Schroda) und Schmigiel (Smigiel) Rollwagen ein. Auch das meterspurige Streckennetz um Greifenberg / Gryfice kannte Rollschemel. (Foto von 11/2003: Schweizer Rollschemel der Ballenberg-Bahn, ähnlich den in Polen im Einsatz gewesenen)

Bei den durch die polnische Staatsbahn PKP übernommenen Schmalspurstrecken waren Rollböcke jedoch nie populär. Denn um die normalspurigen Wagenachsen an den Rollböcken zu befestigen, musste das Personal unter den Wagen kriechen, was nicht immer ungefährlich war. So wurden in Polen Anfang der 60er Jahre ähnlich den deutschen eigene Rollwagen konstruiert mit Länge 8,3 m. Diese erhielten die Bezeichnung Tw5. Ein niedriger stählerner Rahmen wurde mit zwei dreiachsigen Drehgestellen versehen. Diese Transportplattform erhielt eine Druckluftbremse sowie eine Hand-(Stand-)bremse. Die folgenden Fotos zeigen das Feststellrad der Handbremse sowie den Verbindungsschlauch der Luftbremse. Diese und die anderen folgenden Schwarz-Weiss-Aufnahmen wurden auf dem meterspurigen Netz um Gryfice/Stargard getätigt.

Eine längere polnische Rollwagen-Variante für den Transport schwererer vierachsiger Wagen erhielt die Bezeichnung Tw6a (Länge 9 m).

Bis 1975 wurden in Polen nur Rollwagen für die Spurweite 750 mm gebaut. Ab 1975 wurden mit der Bezeichnung Tw6/100 auch die ersten meterspurigen Rollwagen hergestellt. Die ersten Rollwagen wurden auf dem Netz von Kalisz eingesetzt, da hier ein besonders hohes Massengutaufkommen gegeben war, welches zuvor per Hand verladen worden war. Als letzte der polnischen Schmalspurbahnen führte die Bahn von Opalenica 1978 Rollwagen ein.

Rollwagen werden immer direkt hinter der Lokomotive gekoppelt, und zwar kommen immer die schwersten Wagen zuerst. Falls normalspurige Kesselwagen transportiert werden, sollen diese aus Stabilitätsgründen immer zu 90 % beladen sein. Das folgende Foto aus Stargard zeigt die Bereitstellung eines kompletten Rollwagenzuges. Egal, ob Dampf oder Diesel - beide Traktionsarten kommen in Einsatz.

Eventuell angehängte schmalspurige Personen- oder Güterwagen kommen an das Ende des Zuges. Dadurch wird eine möglichst gute Übertragung der Zugkraft und Stabilität des Zuges gegeben. Die Verbindung der Rollwagen untereinander erfolgt durch spezielle Kuppel-Stangen. Dieses Foto zeigt sie auf dem Kleinbahnhof von Elk (Lück/Masuren).

Diese Stangen haben unterschiedliche Längen. Sollen Rollwagen mit jeweils einzeln aufgefahrenen Normalspurwagen gekoppelt werden, so werden dazu lange Stangen genommen.

Wird ein schwerer 4-achsiger Wagen auf zwei kürzeren Rollwagen transportiert, so sind diese mit kurzen Stangen verbunden.

Eine Aufsicht auf die Verbindungszapfen für die Befestigung der Stangen zeigt diese Aufnahme. Zugleich sind beiderseits seitlich die Führungsstangen erkennbar, auf denen die Befestigungsschuhe zur Fixierung der Radsätze der Normalspurwagen bewegt werden.

Sie sind in der hier gezeigten Position seitlich aussen heruntergeklappt und werden nach Auffahren des Normalspurwagens an der entsprechenden Stelle hochgeklappt. Befestigungsketten bieten zusätzliche Sicherheit.

Damit die Auffahrt der Normalspurwagen auf die Schmalspurtransporter problemlos erfolgen kann, sind spezielle Auffahrt-/Abladegleise notwendig. In Sachsen spricht man auch von Rollgruben - ein Wort, das im Polnischen als "Zapadnia" aufgegriffen wird. Dabei liegt das Normalspurgleis 410 mm höher als das Schmalspurgleis. Die herangeführten Schmalspur-Rollwagen werden mittels eines heruntergeklappten Hakens an der Verladerampe fixiert.(Foto vom Schmalspurbahnhof ELK)

Die auf dem Transporter befindlichen Normalspurgleise sind jetzt auf gleicher Ebene wie das Normalspurgleis und praktisch ohne Lücke mit diesem verbunden. Nun können der oder die Normalspurwagen problemlos aufgefahren werden.

(Sroda Wlkp.)

Im Verhältnis zu den deutschen Rollwagenkonstruktionen (siehe obige Fotos) sind die polnischen deutlich erkennbar moderner - es zählt allein die Stabilität, Einfachheit im Unterhalt und möglichst große Traglast.

Schmalspur-Rollwagen mit aufgeladenen Normalspurwagen überschreiten deutlich die üblichen Lademasse. Daher sind sie auf bestimmten Strecken nicht einsetzbar, beispielsweise auf der polnischen Strecke Sompolno - Dobre (Zuckerfabrik!) sowie Przystronie - Boniewo (Brücken unter der Normalspurlinie Inowroclaw - Karsznice). Auch sollte eine mit Transportern - vor allem bei Transport von normalspurigen 4-Achsern - belastete Schmalspurstrecke zumindest aus S 42-Gleis gebaut sein. Allerdings wird diese Regel nicht überall durchgehalten. Die maximale Geschwindigkeit für Rollwagentransport wird in Polen auf 20 km/h festgesetzt.

(Ryszard Smulkowski)

Der hier dargestellte Rollwagen ist Teil einer Serie, welche INTERLOK in Pila für das Schmalspurnetz in Mlawa einer Hauptrevision unterzog. Deutlich erkennbar sind hier seitlich die Einrichtungen zur Fixierung der normalspurigen Radsätze.(Aufnahmen: R.Scheffler (2), R. Smulkowski (1), andere: Hermann Schmidtendorf)

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