SCHLEPPTENDER-LOKOMOTIVE Ty 246 / Ty 51
Ab dem Dezember 1947 standen Polen 100 amerikanische Schlepptender-Dampflokomotiven mit der polnischen Bezeichnung Ty 246 zur Verfügung. Diese aus der Aufbauhilfe der Vereinigten Nationen (UNNRA) stammenden Lokomotiven waren die schwersten in Polen fahrenden Dampflokomotiven überhaupt. Sie wurden den BWs Karsznice und Bydgoszcz Wschód zugeteilt. Diese schweren Lokomotiven sollten den von Deutschland übernommenen, ab 1941 im Einsatz gewesenen und auch in der durch Henschel verwalteten Lokfabrik Chrzanów (Krenau) gebauten Güterzuglokomotiven der Baureihe 44 (polnische Bezeichnung Ty 4) zur Seite stehen. Diese waren ausser den BWs Karsznice (104 Exemplare) und Bydgoszcz den BWs Tarnowskie Góry (Tarnowitz), Lazy, Inowroclaw, Zaja,czkowo Tczewskie und Gdynia (Gdingen) zugeteilt und wurden in Karsznice sowie dem AW Stargard (Szcz.) unterhalten. Diese Lokreihen übernahmen schwerste Gütertransporte, vor allem 2200 t-Kohle-Ganzzüge, auf der Kohle-Magistrale von Oberschlesien an die Ostsee. 1944 war die Trasse unter deutscher Herrschaft derart ausgebaut, dass sie 40 Zugpaare täglich befahren konnten. Nach der Ankunft der Ty246 - Lokomotiven wurden die BR 44 schrittweise in den Nordabschnitt der Magistrale verlagert, wo sie zumeist nur noch untergeordnete Aufgaben wie Schubfahrten auf besonders schwierigen Abschnitten übernahmen.
Ihre Rolle in Karsznice übernahmen polnische Neubau-Güterlokomotiven der Baureihe Ty45, die ab 1953 durch den polnischen Nachbau der Ty246, die Ty51, ersetzt wurden, der bald danach auch in Bydgoszcz Einzug hielt.
Zwischen 1953 und 1958 produzierten die Cegielski-Werke in Poznan (damals J.Stalin-Werke genannt) insgesamt 242 Maschinen einer modifizierten Konstruktion auf Basis der amerikanischen Ty 246. Diese polnische Lokomotive wurde Ty 51 genannt. Die letzte von Cegielski gebaute Ty51 232 war zugleich auch die letzte überhaupt für die PKP gebaute polnische Dampflokomotive.
FOTO: Werksfoto Cegielski
Die Ähnlichkeit beider Lokomotiven verdeutlichen die gegenübergestellten Rollout-Fotos des PKP-Standardbuchs "J. Fiolkowski, W. Kowalewski: Charakteristyka normalnotorowych pojazdów trakcyjnych. Warszawa 1970" sowie die daraus entnommenen entsprechenden Zeichnungen.
Ty 51 Ty 246 Ty 51 Ty 246 Achsfolge 1-5-0 1-5-0 Heizoberfl. Überhitzer 85,61 96,50 Höchstgeschwindigkeit km/h 80 80 Kessel Gewicht t 25 26 Ø Kolben 2x630 2x635 Kessel Gew.m.Ausr. t 33 34 Kolbenhub mm 700 698,5 Wasservorrat m³ 27 32 Kesselüberdruck Bar 1,6 1,6 Kohlevorrat t 20,5 14 Rostoberfläche m² 6,30 6,30 Ø Treibräder mm 1450 1450 Rostmasse LängexBreite m² 3,048x2,063 3,048x2,063 Ø Kuppelräder mm 850 860 Heizoberfl. Feuerbüchse 23,86 m² 20,90 m² Leergewicht Lok t 100,32 107 Ø aussen Heizr./Wandstärke 51/2 mm 57/2,75 mm Achslast Dienstgew I 14,8 t 16 t Abstand zw.Rohrwänden mm 5000 5353 Achse II 17,65 t 19 t Anzahl Heizrohre 171 152 Achse III 17,12 t 19 t Heizoberfläche Heizrohre m² 123,50 132,10 Achse IV 19,5 t 20 t Ø Rauchrohre/Wandstärke 143/4 143/4 Achse V 20,25 t 21,5 t Anzahl Rauchrohre 45 45 Achse VI 20,6 t 21,5 t Heizoberfl. Rauchrohre m² 94,60 102,00 Dienstgewicht Lok t 109,92 117 Heizoberfl. Abdampf gesamt 241,96 m² 255,00 m² Dienstgew Lok+Tender t 188,89 193,6
Die Bezeichnung der Tender bei der Ty246 war 32D46, bei der Ty 51 war es 27D51 (mit Raddurchmesser 1000 mm). Für die Ty 51 wird eine Stärke von 1590 kW angegeben sowie eine Zugkraft von 18400 kG. Die amerikanischen Lokomotiven besaßen einen mechanischen Kohleförderer (Stoker), der bei der polnischen Nachkonstruktion übernommen wurde. Die Zugkraft in Abhängigkeit von Geschwindigkeit und Steigung der Strecke zeigt im Vergleich diese Tabelle.
Vergleiche wurden auch zwischen der deutschen BR 44 (Ty 4) und der amerikanischen Ty 246 angestellt. Dabei stellten die polnischen Bahnstatistiker fest, dass die US-Lok trotz ihrer schweren Konstruktion günstige Kohleverbrauchswerte besaß. Aufgrund der schweren Achslast konnten sie allerdings nur auf Hauptstrecken fahren. Die Tabelle zeigt Versuchswerte von 1948 mit Kohleganzzügen auf der Strecke Bydgoszcz Wsch. - Gdynia; nach Roman Garbacik, Kraków (Parowozik 2/92).
MONAT | °C | eingesetzte Loks | gefahren Dampfkm | gef. Bruttokm | Kohleverbrauch t | kg/100 Dampfkm | kg/100 Bruttokm |
Ty 4 | |||||||
Januar | +0,9 | 9 | 38667 | 50433 | 1811,2 | 4690 | 35,8 |
Februar | -1,8 | 9 | 30126 | 38621 | 1423,3 | 4740 | 37,0 |
Ty 246 | |||||||
April | -1,8 | 11 | 50109 | 63128 | 2459,4 | 4930 | 39,0 |
Februar | +3,6 | 40 | 201489 | 246553 | 8536,9 | 4240 | 34 |
Die polnische Nachkonstruktion Ty 51 hatte, wie sich im Einsatz zeigte, einen Konstruktionsfehler. Es war nicht berücksichtigt worden, dass die von der Firma AlCo gebauten Ty 246 einen als ein Stück inclusiv den Zylinderblöcken GEGOSSENEN Rahmen hatten. Die Ty 51 war hingegen ein traditioneller geschweisster Rahmen mit geringerer Widerstandfähigkeit gegenüber den auftretenden Fahrtkräften. Das Ergebnis waren Rahmenrisse an einzelnen unfreiwilligen "Soll-Bruchstellen". Diesem versuchte das die Ty 51 betreuende PKP-Reparaturwerk ZNTK Olesnica dadurch zu begegnen, dass der Rahmen an den entsprechenden Stellen durch Platten verstärkt wurde.
Nach dem Zurückdrängen der Dampftraktion von PKP-Hauptstrecken taten die Lokomotiven der Baureihe Ty 51 noch bis in die 90er Jahre bei der Schlesischen Sandbahn um Kotlarnia ihren Dienst. (Foto links - Andrzej Zmuda) Heute sind Ty 51-Lokomotiven noch u.a. in den PKP-Museums-BWs von Wolsztyn und Karsznice zu sehen. Die einzige erheltene Ty 246 imit der Nummer 22 (Fabriknr. 75506 von 1947) ist ebenfalls in Karsznice ausgestellt. Eine als stationäre Heizlok bei der Braunkohlegewinnung von Konin installierte Ty 246 (Foto rechts: Hermann Schmidtendorf) wurde inzwischen durch die Verwaltung verschrottet.